Premiere nach dreieinhalb Monaten lockdown – Wunderbar

Werner Buss liebt „sein“ GOP – das merkt man immer. Wenn der künstlerische Direktor aber nach langer Zeit der erzwungenen Corona-Pause zum ersten mal wieder die Bühne betritt, dann spürt das geneigte Auditorium förmlich die Tränen fließen – so gerührt ist er, das Publikum vor sich, die Künstler hinter sich (und eine Menge Arbeit und Ungewissheit). Mit der Show „Wunder-Bar“ feierte man gestern die Deutschlandpremiere.

Hustenschutz in der Saalmitte, keine Pause (damit es keine größeren Ansammlungen gibt) und jede Menge Tische in die Garage gestapelt, so funktionierte das Hygienekonzept. Tatsächlich ließ das Publikum sich auf die Show ein, die auch wirklich von Anfang an begeisterte. Ruth von Chelius, die als Chefin passend zur „Wunder-Bar“ genauso gesungen und kurzweilig moderiert hat, erzählt die Geschichte der Bar, die „platt gemacht“ werden soll. Irgendein russischer Oligarch aus Minsk hat das Areal gekauft. Aber na ja, einen Abend haben sie noch und da wird noch mal richtig gefeiert. Die Togni Brothers, offiziell zwei Herren von der Flaschenpost, bringen flugs ein paar Kisten Wein und entpuppen sich – natürlich möchte man fast sagen – als ganz besondere Artisten, die sich gegenseitig durch die Luft wirbeln, während der Barmann entspannt die Getränke verräumt. Irgendwann betritt ein Gnom die Spielfläche, bei dem man nicht so recht weiß, wo vorne und hinten ist. Es lugen ein paar Hände aus den Ärmeln, die scheinen aber seltsam verdreht und dann wirkt der Kopf eher wie ein Hintern, der aber offensichtlich doch weiß, was er machen soll und das auch sieht. Das ist eine tolle Nummer, auch weil es dann hoch ans Trapez geht. Oben hoch in der Luft verliert die Raupe ihre Hülle und wird zum Schmetterling, um später wieder als Gnom zu landen. Großes Kino von Vivian Spiral. Im Laufe der 90-minütigen Show, steigern sich die Spielanteile des Barkeepers immer mehr, der anfangs noch mit Flaschen jongliert und kunstvoll Gläser füllt. Irgendwann fährt er auf Rollschuhen eine Rampe runter und hoch, jongliert dabei mit bis zu 6 Kegeln, drei Gummibällen und diversen Ringen. Daher wohl auch der Künstlername TJ Wheels. Dabei ist er noch extrem witzig, spricht im breiten sächsischen Dialekt und macht sich über seine Landsleute lustig. Das wäre ein richtig runder Abend gewesen, wenn man nicht aus mir unerklärlichen Gründen Ava eingebaut hätte, la dame en verte, also die Dame in grün, die wohl witzig sein sollte, aber eher peinlich wirkte. Wie „schööön“ sie doch sei und wie „scheise“ es war, wenn etwas daneben ging. Natürlich war alles überzeichnet – nur warum überhaupt? Insgesamt jedoch eine lustige, spektakuläre, unterhaltsame Show, die, das spürte man, sehnsüchtig erwartet wurde. Nach so langer Pause freuten sich die Menschen, endlich wieder Varieté erleben zu können.

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