Schwerter zu Pflugscharen

Etwas gerät aus den Fugen, stört die Eintracht, wird zur Waffe, will die Gemeinschaft trennen. „Etwas“ ist im Theater Münster eine 2,50 Meter lange Bambusstange und die Gemeinschaft besteht aus zehn Tänzerinnen und Tänzern des Ensembles. Abstrahiert ist die Gemeinschaft die Welt und nicht die Bühne des Kleinen Hauses. Das, was wir alle irgendwie spüren – menschlich, politisch, militärisch – hat der junge Gastchoreograf James Wilton aus Cornwall mit „Hold On“ auf die Bühne gebracht. Gestern war Premiere.

Am Anfang ist es nur ein Stock, der einfach nicht stehen will und den einige wenige Tänzer kurz vor dem Aufprall auf den Boden fangen. Zur Musik von Amarok, zunächst noch ruhig, aber mit dem Keim der Bedrohung, bewegen sich zeitgleich zwei Tänzerinnen als ob es sich um eine handelt, die sich im Spiegel beobachtet, ihre fließenden Bewegungen betrachtet. Auch als die beiden sich umdrehen und Rücken an Rücken bewegen, sind die Bewegungen absolut synchron. Mehr Tänzer tanzen diesen „Spiegeltanz“ und bilden schließlich eine Art Gesellschaft, die jedoch durch diesen einen Tänzer mit Stock bedroht werden, vereinzelt, entzweit, fortgerissen. Das alles mit wunderbar fließenden Bewegungen, die so unglaublich federleicht, natürlich und erotisch wirken. Es mag pathetisch klingen, doch setzt der Tanz der Gewalt Liebe entgegen. Diese Stimmung erzeugt Wilton auch durch Licht, das wechselweise von allen Seiten kommt und die Tänzer erstrahlen lässt, etwa als sie aus einer Seitentür gerollt kommen, genau bemessen im Abstand und Bewegungsablauf und passend zur Musik. Und schon erhalten alle Tänzer solch eine Bambusstange, was höchste Konzentration bedeutet, schließlich ist es eben nicht nur der eigene, sondern zusätzlich ein unhandlicher Fremdkörper, der da mit eingebunden werden muss. Die Musik wechselt, die kanadische Rockband „Godspeed you! Black Emperor“ gibt sich die Ehre. Und dann zeigt das Ensemble, dass man Bambusstangen nicht nur als Waffen nutzen, sondern auch Häuser damit bauen kann. Respekt für diese großartige Leistung.

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