Zwei Cembali und zwei Handvoll Streicher, dazu noch Querflöte und Fagott in der ersten Reihe – Platz ist ja genug da, weil die Corona-Auflagen das Sinfonieorchester ausdünnen. Auch auf den Chor wurde verzichtet. Und trotzdem gelang es Regisseur Ulrich Peters und dem musikalischen Leiter Attilio Cremonesi, eine richtige Oper zu kreieren: gestern Abend im Großen Haus: Argenore von Wilhelmine von Bayreuth.
Im Zentrum der drehbaren Bühne steht ein riesiger Spiegel, der Tiefe verleiht und sich das Publikum zum Teil selbst betrachten lässt, eigentlich aber den Zweck hat, Zerrbilder der Protagonist*innen zu erzeugen. Im Hintergrund werden großformatige Bilder projiziert, der Hof am schwarzen Meer, aufgewühltes Meer, welkes Laub. Wilhelmine von Bayreuth hat der Überlieferung nach viele Eigenschaften der Familie eingearbeitet, etwa die Grausamkeit des Vaters auf den „Titelhelden“ Argenore übertragen, König Argenore will nach einem gewonnen Krieg seine Feldherren entlohnen und so Leonida (sehr schön: Youn-Seong Shim) die Hand seiner Tochter Palmide (schmerzhaft: Kathrin Filip) geben. Die ist allerdings (wie sollte es anders sein?) anderweitig gebunden. Das sorgt für reichlich Durcheinander, zumal sich der König mit falschen Beratern umgibt, die ihr eigenen Spiel spielen. Erst spät, zu spät, zeigt sich, wer mit wem verwandt ist. Für mich war Martesia am eindrucksvollsten, die Gefährtin der Königstochter und einzige der Hauptfiguren, die überlebt. Alle anderen werden erstochen. Dorothea Spilger verleiht der Rolle der bloßen Gefährtin die Tiefe, die sie braucht, die emotionale Stärke, tolle, herzzerreißende Arien, was mich überhaupt zu der Musik bringt. Einfach grandios, was die paar Musiker da kredenzen. Man kann das Gefühl haben, dass ein vollbesetzter Orchestergraben ordentlich Dampf macht. Zwischendurch spielt sogar der musikalische Leiter selbst Cembalo. Unter Corona-Bedingungen und bei dem (selbst) auferlegten Hygiene-Konzept sicher das Maximum, was an Inszenierung möglich ist.