Tarnung im Pumpenhaus

Ein Baum mit Krone, Ästen, Zweigen, Blättern, Gitarrenriffs und eine Frau, die mit unglaublicher Körperspannung scheinbar mühelos am chinesischen Mast tanzt. Sabeth Dannenberg vereint in ihrem akrobatisch-choreografischen Solo nicht weniger als das Bekenntnis zur Liebe mit Revolution. Vielleicht gehört das ja auch zusammen. „Camouflage“ heißt die gestrige Inszenierung, die heute Abend im Pumpenhaus wiederholt wird.

Schon die ersten 15, 20 Minuten nehmen mich derart gefangen, dass ich Zeit und Raum vergesse, wie behände die Protagonistin die Einheit von Mensch und Natur demonstriert, während vom Band Textfragmente über den Baum zu hören sind. Dannenberg windet sich hoch, klettert, rutscht, bremst und während ich noch zweifle, wie sie das 45 Minuten durchhalten will, bekennt sie sich zum Leben, zur Liebe, zur Hoffnung, zur Demokratie, zum Gemeinwohl. Ein Sprachteil, der dem Körper etwas Ruhe verschafft, doch nicht allzu viel. Denn schon steigert sich die tanzende Akrobatin ganz in die Weiblichkeit, will mit ihrem Körper Leben schenken. In dieser übertrieben-radikalen Darstellung gehört das wohl zur Revolution, keine mit Gewehren, doch eine für die Frau in der Gesellschaft. Dannenberg nimmt man das ab. Sie ist einfach omnipräsent und ganz bei sich, sie nimmt das Publikum mit, wenn sie sich mit Kriegsfarben bemalt, sich eine Stange schnappt, damit in Tarnkleidung über den Boden rollt und zielt, als sei es eine Panzerfaust. Schon saust sie wieder den Baum hoch, pflückt eine Orange. Mit der Kraft der Überzeugung presst sie den Saft heraus, auf dass nur noch orange Schalen auf die Bühne regnen.

Für alle, die die Revolution nur beobachten durften, gibt es später noch Apfelsinenschnitzel. Eine kraftvolle Performance, schnell, energisch, überzeugt und überzeugend von einer Frau mit ungeheurer Bühnenpräsenz.

Schreibe eine Antwort

Navigiere