das Böse hat noch mehr zu bieten

Er kann einem schon leid tun, wie er sich da müht, Tanzfiguren auf dem Boden zeigt, sich im blassblau-glänzenden Anzug windet wie ein Fisch, auf das der Prinz doch endlich lache, der an hypochondrischen Depressionen leidet. Aber auch Spaßmacher Truffaldino will es nicht gelingen, den Auftrag des Königs zu erfüllen. Im Großen Haus war gestern Abend Premiere von Sergej Prokofjews Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ in einer Inszenierung von Sebastian Ritschel, der die Oper in ein Spielcasino mit Spieltisch und einarmigen Banditen verlegt hat. Die musikalischer Leitung oblag Generalmusikdirektor Golo Berg.

Gleich zu Beginn, im Vorspiel, wird klar gestellt, wer das Sagen hat, oder besser: wer das Sagen hätte, wenn er denn nicht so zerfasert wäre. Der Chor. Der besteht aus mehreren Fraktionen, die versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen. Aber keineswegs geht die Wirkung der anderen Figuren verloren, im Gegenteil kann man den Eindruck haben, dass der Prinz (Garrie Davislim) und der höfische Spaßmacher Truffaldino (Pascal Herington) erst recht zur Geltung kommen, indem der in orangen Karos gekleidete Chor immer wieder eingreift. Das gilt auch für des Prinzen Widersacher Prinzessin Clarice (Chrysanthi Spitadi), die zu gerne selbst den Thron besteigen würde. Ihr zur Seite steht Leander (Gregor Dalal). Am Hof bestens vernetzt und Intrigen spinnend hofft er, die Prinzessin ehelichen zu können, wenn der Prinz, der das Lachen sucht, erst beseitigt ist. Das Böse hat noch mehr zu bieten: da ist erstmal die schöne Smeraldina, die Clarice und Leander belauscht, die so emotional, fast herzzerreißend singt (wunderbar Kathrin Filip). Doch sie ist nur Botin im Auftrag der Zauberin Fata Morgana. Sofern Fata Morgana anwesend sei, wird der Prinz nicht lachen. Diese Information möge Smeraldina an die „Thron-Neider“ weitergeben. Fata Morgana wird herrlich gespielt und gesungen von Kristi Anna Isene, so herrisch und bestimmend, dominant und raumfüllend – da verschwindet sogar der Chor. Dass die Zauberin ein Kartenspiel um das Schicksal des „ernsten Prinzen“ gewinnt, ist da fast schon zwingend. Und als der Prinz dann tatsächlich zu lachen beginnt, ausgerechnet als Fata Morgana durch ein Handgemenge mit Truffaldino zu Fall kommt, die Beine unnatürlich weit in den Himmel gespreizt, verflucht die herrische Zauberin den Prinzen, auf das er sich in drei Orangen verliebe.

Konnte man noch denken, dass Truffaldino seine Aufgabe erfüllt habe, denn immerhin hat der Prinz ja gelacht, sucht der sich ausgerechnet den Spaßmacher als Begleiter auf der Suche nach den drei Orangen. Ach, Truffaldino, den Hof zum Lachen bringen, ist schwer genug, muss er sich jetzt solchen Gefahren aussetzen? Pascal Herington als Trufaldino ist Publikumsliebling, wie er da lustlos mit seinen Armen schlendert, so herrlich unperfekt, wie er singt und tanzt, wie er vor dem Orchestergraben über den Steg läuft.

In drei riesigen, gerahmten Fenstern, einem vergrößerter Geldspielautomat, tauchen unterschiedliche Symbole auf, ein Prinz, eine Ratte, eine Orange. Bis drei Orangen erscheinen – der Hauptgewinn – dauert es etwas. Ohne Anstrengung kein Glück.

Eine liebevolle Inszenierung mit schöner Musik. tollen Arien und einer ferngesteuerten, riesigen Ratte. Selbst in den kleinsten Rollen ist die Oper gut besetzt. Wunderbare Kostüme und ein tolles Bühnenbild runden einen schönen Abend ab.

 

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