I have a dream

Als Martin Luther King die berühmt gewordene Rede über die Abschaffung der Rassentrennung – I have a dream – Ende August 1963  hält, ist George Gershwin schon lange tot. Aber die 8 Jahre jüngere Schwester des amerikanischen Komponisten und Pianisten, Francis Gershwin, hört die Rede am Radio und erinnert sich an ihren Bruder. Sie ist es auch, die in Gestalt von Martina Gedeck von George in Münster erzählt, begleitet von Sebastian Knauer am Flügel. Heute Nachmittag im  Großen Haus.

Die Bühne ist noch ganz dunkel, als die markante Stimme von Martin Luther King vom Band erklingt. Natürlich – die Worte müssen ihre ganze Wirkung entfalten. Immerhin gab es heute schon den ersten schwarzen Präsidenten, auch wenn sich die Vereinigten Staaten inzwischen rückwärts zu entwickeln scheinen .In der Dunkelheit bewegen sich Martina Gedeck auf ihren Hocker und Sebastian Knauer ans Piano. Es wird hell und Francis erzählt von George Gershwin, ihrem Bruder, dem Sohn russisch-jüdischer Immigranten, wie George zur Musik kam. George, der bis zu seinem zwölften Lebensjahr eher als dunkler Spross der Familie galt und dann eben doch mit Hilfe eines 4 Jahre jüngeren Schulfreundes die Musik entdeckte, als er jenen Geige spielen hörte. Und dann gibt es die ersten Klänge auf dem Flügel. Der Familie wird ein Piamino geliefert, eigentlich für die Schwester bestimmt,, doch George setzt sich sofort daran, klimpert ein wenig wie Knauer in dem Moment. „Und während die Mutter noch irritiert schaut“,, ergänzt Gedeck „wird das Spiel immer fulminanter, schneller, gekonnt, ausdrucksstark.“  Knauer spielt sich in einen kleinen Rausch bis er endlich wieder Gedeck weiter erzählen lässt, die von den Schwierigkeiten berichtet, wie George Geld verdienen muss, indem er nämlich ungeliebte Musik spielt, damit der Plattenhändler seine Scheiben verkauft.bis George endlich „Porgy und Bess“ komponiert, jene Oper, die ihm später – posthum – den Ruf einbringt, die Rassentrennung zementiert haben zu wollen. Dabei ist das Gegenteil der Fall, musikalisch nahm er die Musik der Schwarzen auf und entwickelte sie fort. Er selbst bewies ja auch gerade, dass er als Sohn russischer Juden den amerikanischen Traum auslebte. Schon viel früher als andere. Als nicht Ur-Amerikaner lebte er sein recht kurzes Leben in ziemlichem Wohlstand. Der Wechsel von Martina Gedecks angenehmer, unter die Haut gehender Stimme und Sebastian Knauers imposantem Spiel ist beeindruckend, „Lady be good“, und natürlich die „Rhapsody in blue“, ein Stück, das Knauer mit Flehen, mit Dynamik und Emotion füllt.. Als George Gershwin schließlich im Juli 1937 stirbt, sagt der Rabbi  am Grab, dass George in vielen anderen Ländern der Erde verfolgt worden wäre, was mit Blick auf Deutschland sicher nicht falsch war. Noch 1928, also 5 Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, war George Gershwin in Europa und ist dabei auch in Berlin aufgetreten. Damals hätte er sich das wohl nicht vorstellen können, dass es so weit kommt, wie es dann kam. Musikalisch war der Nachmittag sicher ein Genuss, allerdings erschließt sich der Bogen von Martin Luther King zurück zu George Gershwin nicht zwingend, sieht man von der bloßer Erinnerung seiner Schwester ab.

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