im Zeichen der Flöte

Schon 2016 habe ich ihn bewundern dürfen. Da spielte Stefan Temmingh im Rahmen des Summerwind-Festivals. Später schrieb ich vom Zentaur in der Apostelkirche – halb Mensch, halb Flöte. Gestern gab sich der in Südafrika geborene Flötist die Ehre im Großen Haus, zusammen mit dem Sinfonieorchester und der großartigen Sopranistin Marielle Murphy. Auftakt zum 6.Sinfoniekonzert im Rahmen der Barocktage. Dirigent war Michael Hofstetter,

Natürlich gehört in ein Barockkonzert auch ein barockes Zupfinstrument, die Theorbe, um die das Orchester angereichert ist. Dafür fehlen alle Bläser. Klar, die Flöte soll ja auch nicht untergehen. Nachdem das Orchester sich erstmal mit Händel warmgespielt hat, betritt Temmingh im altrosafarbenen Anzug mit schwarzen Ornamenten die Bühne. Es dauert nicht einmal eine Minute, da hat er das Auditorium gefangen genommen mit seinem schnellen, sicheren Spiel und wie er dann zwischendurch tief Luft holt, als wollte er auf einen Tauchgang von 30 Metern ohne Flasche gehen. Schon eine Stunde zuvor ist Temmingh zu Gast bei der Einführung in die Werke des Abends. Musikdramaturg Frederic Wittenberg erzählt er launig aus seinem Leben und dass er 40 Flöten besitzt, dass er mit seinem Spiel die Menschen berühren möchte, lieber emotional als abgehoben-intellektuell. Temmingh wirkt sympathisch und selbstironisch, professionell ohne sich selbst als das Zentrum der Welt zu betrachten. Vivaldis Konzert für Sopranblockflöte und Streicher spielen die Musiker. Vivaldi, über den Temmingh sagt, dass man Venedig spüre, das auf Wasser gebaut und deshalb ständig in Bewegung sei. Und dann schwebt die zauberhafte Sopranistin Marielle Murphy auf die Bühne, die ja auch in Händels Saul und Kurt Weills Street Szene zu erleben ist. Liebhaber ihres Gesangs können sich auf die Oper „die Liebe zu den drei Orangen“ freuen, die Anfang April Premiere feiern wird, in der Murphy die Ninetta gibt. Aber zurück zum gestrigen Abend: Als Temmingh dann vor der Pause zu Händels Sweet Bird Flöte spielt und Murphy genau diese Arie singt, merkt auch der Laie, wie nah sich Flöte und Sopranistin sind. Das Orchester hat alle Emsigkeit zurückgefahren, Flöte und Sopranistin unterhalten sich oder erklingen auch gemeinsam.

Zu Telemann nach der Pause, Telemann, über den Temmingh zu berichten weiß, dass man die deutsche Grammatik merke, spielt der „Flötenmann“ die Altblockflöte, wieder gekonnt in rasender Geschwindigkeit. Und schließlich kommt auch Marielle Murphy zurück, die wunderschön singt. Flöte und Stimme passen wunderbar. Die Menschen im Großen Haus sind so angetan, dass Contis letztes Stück „Cares when they`re over“ tatsächlich wiederholt werden muss. Eigentlich war keine Zugabe mehr vorgesehen. Und als dann am Schluss Dirigent und Solist ihren obligatorischen Blumenstrauß der ersten und zweiten Geigerin überreichen, mag auch Marielle Murphy nicht dahinter zurückstehen und gibt ihren Blumenstrauß dem Cellisten, was für einige Lacher sorgt. Ein schönes Konzert, mit dem man die Akkus wieder aufladen kann.

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