macht shoppen glücklich?

Fast mit angehaltenem Atem wartet das Publikum darauf, dass sich der Vorhang hebt, als Stefan Veselka das Sinfonieorchester die ersten Takte spielen lässt. Die Spannung ist förmlich zu riechen. Gestern Abend war Premiere von „Die Entführung aus dem Serail“, einer Oper von Wolfgang Amadeus Mozart in einer Inszenierung von Philipp Kochmann.

Allerdings erweist sich die Bühne dann doch als ernüchternd, alles etwas sehr modern mit Designermöbeln und Whirlpool im Wohnzimmer, nicht unbedingt ein orientalisches Fürstenschloß.  Dazu passt, dass nach der Pause direkt die Stimme von Donald Trump aus dem Fernsehen schallt und über Importzölle mit China quäkt. Aber der Reihe nach: Konstanze lebt seit einem Jahr in Saus und Braus mit Bassa Selim in dessen Villa zusammen. Doch der wirtschaftliche Segen beginnt Konstanze zu langweilen. Nach der Rückkehr von einer Shopping-Tour lässt sie die teure Einkaufstüte achtlos direkt im Whirlpool versinken. Die Bestnote für die Koloratursopranistin Marielle Murphy, die ja auch schon in der Händeloper „Saul“ zu sehen war und in „die Liebe zu den drei Orangen“. Murphy gelingt es, all ihre Emotionen, sei es Langweile, Dankbarkeit, Zerrissenheit oder auch Liebe in ihre Gesangspartien zu legen. Und auch die zweite, männliche Hauptrolle ist gut besetzt. Youn-Seong Shim ist Belmonte, der ehemalige Bräutigam von Konstanze, der sich durch den Lüftungsschacht Zugang zur Villa verschafft, dabei aber leider vom Sicherheitschef Osmin erwischt und bei seiner versuchten Flucht an den Beinen wieder herausgezogen wird. Dabei ist die donnernde Stimme von Christoph Stegemann als Osmin schon eindrucksvoll und der ein oder andere Besucher dürfte tiefer in seinen Sitz gerutscht sein. Belmonte outet sich allerdings als Freund von einem mit Karoline befreundeten Paar, das ebenfalls zu Besuch in der Villa ist, Pedrillo und Blonde, und so steht er unter Schutz des Hausherrn Bassa Selim. Doch beim Sicherheitschef bleiben Zweifel, sehr zu Recht, wie sich später zeigt. Denn natürlich siegt die Liebe über den schnöden Mammon. Belmonte und Konstanze finden ihr emotionales Fundament zurück. Für mich die großartigste Szene, wie Bassa Selim kocht, wie die Eifersucht brodelt und zündelt, wie er seine geliebte Konstanze mit all ihren Kleidern und Handtaschen behängt, all ihre Hüte auf ihr Haupt schichtet, während Marielle Murphy als Konstanze ungerührt weitersingt, zwischendurch sogar ihren rechten Arm ausstreckt, um noch mehr Platz für Kleider und Handtaschen zu schaffen. Natürlich unterstreicht das Orchester all diese Verwerfungen mit Mozarts wunderschöner Musik. Einzig Sicherheitschef Osmin will Konstanze und ihr Gefolge nicht so einfach ziehen lassen und zückt die kurzläufige Flinte.

Eine Inszenierung, die in den Gesangsstimmen klasse besetzt ist, auch Youn-Seong Shim nimmt man die emotionale Nähe zu Konstanze ab, die Wärme in der Stimme, liebesgetränkt. Pascal Herrington überzeugt als Pedrillo ebenso wie Martha Eason als Blonde. Blonde und Hausherr Bassa Selim haben zwischendurch auch noch eine Affäre, was die Sache nicht einfacher macht. Leider aber, finde ich, ist die Projektion in die heutige Zeit zu gewollt, zu steif, zu brachial. Es ist nicht nur die „Designerhütte“ aber sie steht symptomatisch für die komplette Inszenierung.

 

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