Rathaus rockt nicht

Wer fixiert ist auf Bachs Goldberg-Variationen zwischen siebenarmigen Leuchtern, roten Lederstühlen mit Stadtwappen, Säulen und Parkett, hat vielleicht das Beste verpasst. Gestern fand das 6.Rathauskonzert statt, und bis zur Pause gab es noch reichlich Abwechslung mit Micelangelo Rossi, Georg Philipp Telemann und dem zeitgenössischen Komponisten Gordon Jacob.

Gleich zu Beginn wird eine wichtige Änderungen bekanntgegeben. Für Thorsten Schmidt-Kapfenburg, der zeitgleich im Großen Haus dirigieren muss, spielt Andreas Maria Küper das Cembalo. Der macht das zwar nicht schlecht, doch wäre die Anwesenheit von Schmidt-Kapfenburg insofern schön gewesen, als der nämlich Rossis Komposition aus dem 17. Jahrhundert verändert hat. Er hat einfach die vorhandene Atonalität, die Dissonanzen, die Rossi bei „Toccato Settima“ kurz vor dem Ende eingebaut hat, verdoppelt. Damit die auch jeder merkt. Ein Ausbruch aus dem Frühbarock quasi.

Sind es anfangs nur die Streicher mit dem Cembalo, wird es richtig bunt und laut bei Georg Philipp Telemann. Denn Gundula Rosa spielt die Blockflöte, und das macht sie richtig gut, spielt nicht zu dominant und ist doch klar zu hören. Begleitet von Violas und Cello zaubert sie einen schönen Klang ins Rathaus. Allein der Wechsel vom langsamen, gefühlvollen Stück zum dominanten, schnellen ist toll und lässt die Zuschauer aufmerksam bleiben. Allerdings kommt mir die Flöte bei Gordon Jacob eher wie ein Störfaktor vor. Das will nicht so recht passen. Die Suite mit Blockflöte und Streichquartett hätte vielleicht sogar ganz auf die Flöte verzichten können.

Nach der Pause werden also die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach gespielt. Tolle Musik, natürlich, kennt man ja. Doch irgendwie zeigt das „Trio Aureo“ nicht genug Herzblut. Das wirkt so auswendig gelernt und abgespult, auch wenn die Musiker, Mara Smith an der Viola, Uta Heidemann-Dietrich an der Violine und Shengzhi Guo am Cello sich stets gegenseitig aufmunternd anlächeln. Eine Stunde spielt das Streichertrio so vor sich hin, während der Funke nicht so richtig überspringen will. Uta Heidemann-Dietrich sorgt mit einem kleinen Fauxpas noch für die größte Stimmung, als sie nämlich ihre Noten vergisst und entschuldigend erklärt, dass sie die Variationen noch nicht auswendig spielen könne. Da hätte man auch leicht auf 20 Minuten verzichten können oder mehr Emotion zeigen müssen.

Insgesamt waren die Menschen im Rathausfestsaal zufrieden, wenn auch nicht begeistert oder entrückt.

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