Ist es schön, jemanden kennenzulernen?

Schlagwerk, einzelne Bläser, beinahe sakrale, jiddische Musik, zu dem das Ensemble Münster tanzt. Auch wenn die Choreografie in Zusammenarbeit mit Tänzerinnen und Tänzern  des Staatstheaters Braunschweig entstand und schon 2017 uraufgeführt wurde, im Kleinen Haus in Münster wurde sie gestern Abend unter Regie von Tiago Manquinho zum ersten Mal gezeigt. „Nice to meet you?“ heißt die aktuelle Tanzproduktion. Ist es wirklich schön, jemanden kennenzulernen?

Betrachtet man die Tänzerinnen und Tänzer, erkennt man den Argwohn, der in den Begegnungen steckt, den Rücken zugewandt, manchmal bewusst asynchrone Bewegungen, tanzt Du oben, tanze ich unten. Selbst in der Gruppe ist das nicht anders. Zwar bildet sie eine fast organische Einheit, als wäre  sie zusammengewachsen, doch  nähert sie sich bedrohlich, stets auf der Hut und zum Sprung bereit einem einzeln tanzenden Paar. Und dann wird der Spot eingeschaltet, beleuchtet eine Frau in der dritten Reihe im Parkett. Sie  lässt ihren Kopf rotieren, ganz ohne Musik steht sie da. An der Kleidung ist zu erkennen, dass sie auch Tänzerin ist, sie trägt blau wie alle – blaue Kleider, blaue Röcke, blaue Hosenanzüge. Ein weiterer Strahler erleuchtet einen zweiten Tänzer auf der Bühne. Toll, wie die Ab- und Zugänge der Tanzenden ins Publikum gestreut werden. Schließlich sind wir ja alle irgendwie argwöhnisch, unsicher, wenn wir neue  Menschen kennenlernen. Warum sollte das auf die Bühne beschränkt sein? Eine Tänzerin wird sogar durch und über die Stuhlreihen getragen, langausgestreckt. Und doch kommt „man“ sich näher, gar einen erotischen Tanz gibt es. Aber ist Tanz nicht immer erotisch? Tolle Musik, die einfach durch ihre reduzierte Art anspricht. Mich hat das schon sehr berührt, vor allem, wenn auf engstem Raum zu neunt getanzt wird, sich die Tänzer in drei Gruppen aufteilen und wieder zusammenfinden. Langanhaltender Applaus.

 

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