Natürlich kann man auf die Musik von Duran Duran nicht verzichten, wenn eine Show schon „Wild Boys“ heißt, und die neun Herren, allesamt durchtrainiert und für das weibliche Publikum mit nacktem Oberkörper, laufen auch so ein. Gelenkig, stählern und selbstbewusst präsentieren sie ihre Körper auf Ebenholzstühlen. Fehlt nur noch die Löwenbändigerin, die mit der Peitsche den rechten Pfad weist. Kurzfristig einspringen musste dafür Chantall aus Berlin. Gestern war Premiere im GOP.
Die Show ist – um es vorweg zu nehmen – allenfalls Mittelmaß, der Australier Jake Silvestro mit Rauschebart am Cyr, ein bisschen Jonglage von Pavel aus Russland, Joao aus Portugal am Trapez. Letzterer war wenigstens schön anzusehen. Was mich allerdings wirklich gestört hat, war Chantall. Gut, sie musste sich kurzfristig reinfinden, aber das erklärt nicht lange Geschichten, deren Pointen schon zu Beginn klar sind. Überhaupt hat sie ihre „ich nenne sie mal Acts“ endlos gedehnt, sich den freiwilligen Ralf geschnappt und mühsam in Schutzkleidung verpackt, um dann mit der Peitsche eine Zeitung zu zerteilen oder eine Kerze zu löschen. Alles schon oft und besser dagewesen. Ihre schnoddrige Art lasse ich durchgehen, das münsteraner Publikum ist manchmal doch etwas steif. Aber die Gags von ihr wirkten alle auswendig gelernt, abgespult und unkomisch, manches platt. Da nutzte es auch nichts, dass sie sich so häufig umzog und mit Ralf sogar in Strapsen auf der Bühne stand. Ich habe die nächste artistische Nummer herbeigesehnt. Wenn dann etwa Maxim Kriger aus Unna einen Turm aus Rollen und Brettern baut, immer höher, verwickelter und instabiler, da sucht man selbst nach Gleichgewicht, wo man doch bequem auf einem Stuhle sitzt. Und immer bekommt er noch mehr neues Baumaterial gereicht, es rollt und rutscht hier und dahin, vor und zurück und geht doch noch höher. Das war ganz nett. Als ich mich schon fast mit dem recht ereignisarmen Abend abgefunden habe, wird`s doch noch besonders: Das Trio Bokafi, drei Ungarn, bringen das Auditorium dazu, Entzückens- oder Erschreckensschreie auszustoßen. Eine Holzwippe steht auf der Bühne und ein kleiner Metallturm, von dem der stämmigste des Trios auf die eine Seite der Wippe springt, auf dass das kleinste Trio-Mitglied von der anderen Seite in den Bühnenhimmel katapultiert wird, dreifache Schraube, mehrfacher Salto, Loop, Ritberger und am Schluss wird er wieder aufgefangen, landet auf fremden Schultern und lässt sich erneut hochschießen. Dabei bleibt er passgenau in seiner Figur. Diese Sprünge werden immer mehr gesteigert bis zum Schluss sogar zwei Herren vom Turm herabspringen, auf das man „das Geschoss“ schon durch die Decke fliegen wähnt. Das ist mal etwas ganz anderes und richtig großes Kino. Insgesamt aber, so finde ich, kann man sich das Geld sparen und vielleicht mal in die Oper gehen.