ein Döner mit alles – aber scharf

Alle wollen mit Cactus Geburtstag feiern. Und damit auch jeder dabei sein kann, wenn der mit dem SOAP-Ding so richtig zelebriert wird, müssen die Folgen der Fortsetzungs-Fernseh-Persiflage auf verschiedene Termine aufgeteilt werden. Fast sind einem die Perlenbacher-Brüder schon ans Herz gewachsen, aber eben nur fast. Denn man kann ja nicht gerade behaupten, dass alle drei durchgehend sympathisch sind. Gestern Abend lief nun schon Folge 2 vom SOAP-Ding, und das Pumpenhaus war – natürlich – ausverkauft.

Ein Mehrteiler hat ja immer den Nachteil, dass man den Zuschauern, die bislang nicht dabei waren, erklären muss, was bisher geschah, aber nur kurz, damit sich die anderen nicht langweilen. Und schließlich will man in der Geschichte ja auch vorankommen.  Die Regisseure Alban Renz und Judith Suermann haben dafür die fahrbare Kellerbar mit den drei Damen hereinrollen lassen. Die sind ohnehin der Hingucker in ihren Glitzerkleidern und den klobigen Stiefeln, den Blick apathisch auf ein fernes Ziel fixiert. Und dann fangen sie an zu erzählen, mechanisch, abgehackt, im Wechsel mitten im Satz, Wort für Wort – aber eben das wesentliche. Vom Güldenhof, der seiner ursprüngliche Nutzung als Hotel enthoben ist und jetzt Wohnraum nicht nur für die Eigentümer bietet, nämlich die Perlenbacher-Brüder, sondern auch für andere Mietparteien, Im Erdgeschoss befindet sich der Gold-Döner des Ehepaares Bellini, der nicht so recht Geld abwerfen will, eine Wohngemeinschaft mit Lea, Tommy und Chris Perlenbacher, eine Zahnarztpraxis von Dr. Oswald Perlenbacher, der sich nicht so recht entscheiden kann zwischen seiner Dauerpatientin Clair Biscotti und seiner Sprechstundenhilfe Marie-Belle in Netzstrümpfen und rotem Lederrock. Oben das Penthouse mit Robert Perlenbacher, dem Alpha-Perlenbacher sozusagen, der einen Desinfektions-Tick hat. Mit ihm wohnt seine Frau Anne, deren Schwester Mucci im Rollstuhl und Diener „Tsun Ge“.

In Folge 1 ist nun bei einer ausgelassenen Party beim Zahnarzt Leas Zwillingsschwester Rabea zu Tode gekommen, als plötzlich das Licht erlosch. Der Täter konnte bislang nicht ermittelt  werden, auch wenn es eine Vermutung gibt. (Denn die Perlenbacher-Brüder sind nicht nur Hotelerben, haben sie doch vor Jahren auf einer Rückfahrt von einer Party die Eltern der Zwillinge überfahren. Die schwerverletzten aber noch lebenden Eltern hat Oswald, um die Beweissicherung zu vertuschen, erwürgt.) Hier setzt nun Folge 2 ein:

Zwei Kommissarinnen, wortkarg und im Trenchcoat, bringen Lea die persönlichen Sachen ihrer Schwester Rabea. Die 18-jährige ist natürlich am Boden zerstört, schließlich sind nicht nur ihre Eltern tot sondern nun auch noch ihre  Schwester Rabea, mit der sie sogar zusammen gewohnt hat. Zum Glück erhält Lea Hilfe der gesamten Hausgemeinschaft. Und dann meldet sich auch noch Rabeas Handy. Lea telefoniert in ihrer Einsamkeit mit der toten Schwester. Natürlich antwortet niemand, doch der Donnerhall der Einsamkeit wird umso offensichtlicher, als die Theaterleute den Text, den Lea auf die Mailbox spricht, an die Wand projizieren. Ganz praktisch wendet sich Lea an ihren Mitbewohner Chris Perlenbacher, dem sie auch körperlich näher kommt. Ausgerechnet Chris, den sie unmittelbar vor Rabeas unfreiwilligem Tod in flagranti mit ihrer Schwester erwischt hat. Ausgerechnet Chris, der seinerzeit den Unfallwagen gefahren hat.

Doch die Wohngemeinschaft ist nicht die einzige Heimstätte des Dramas. Im Penthouse hält Robert Perlenbacher einen Monolog. Scheinbar emotionslos spricht Robert von seiner Ehe mit Anne. Annes Bedürfnisse als Frau meint Robert nicht erfüllen zu können. „Meint Ihr, ich habe die Blicke nicht gesehen, die zufälligen Berührungen“ wendet er sich mit einem Appell an ein vermeintliches Publikum, doch letztlich an sich selbst. Und schon gönnt er seiner Frau eine Nackenmassage von „Tsun Ge“, dessen Name nicht zufällig an Zunge erinnert. Warum Zunge? Da hat jeder seine eigene Erklärung, die auch zeitglich gegeben wird und damit unverständig bleibt. Roberts Monolog setzt sich fort in die Zahnarztpraxis seines Bruders, den man „auf Schienen stellen“ könne, dann würde er sein Ziel auch erreichen. Selbständiges Denken sei aber wie Fahren in unbekanntem Gelände. Im Übrigen will Robert des Güldenhof wieder als Hotel nutzen, muss dann aber allen anderen Mietern kündigen.

Ein Schwenk führt in die Kellerbar, wo Dino und Pinolla Bellini, die Döner-Leute aus dem Erdgeschoss, ihren Hochzeitstag feiern, bei Penne mit Mayo, immer noch frisch verliebt und von den drei Bardamen schon mal ermuntert, gewisse Körperlichkeiten auszuleben. Doch Dino hat sich von der Bank 3000 Euro geliehen, mit denen er einen Umbau finanzieren will. Das Geld ist plötzlich weg. Und seine Frau ist die einzige, die außer ihm auch an die Geldkassette kommt. Welche Wendung! Passend kommt Tsun Ge im Auftrag von Robert, um rückständige Mietzahlungen einzutreiben. Doch Pinolla hat ihn gesehen, Zärtlichkeiten mit Anne austauschend. Wehe dem, der weiter Druck ausübt.

Zwischen all dem kurvt der Rollstuhl von Mucci rum, geschoben von dem Sonderpädagogen Tommy aus der WG mit Lea und Chris. Tommys Geheimnis, dass er nämlich auf der Suche nach der Vergangenheit des Güldenhofs ist, offenbart sich dem Publikum, in dem es einem Hörspiel lauscht, das die autistische Mucci über den Kopfhörer verfolgt. Gleichzeitig scheint sich auch die körperliche Verfassung von Muccci zu bessern, sie lernt laufen und sprechen, zumindest ein bisschen. Ein Wunder?

Dann zieht sich Lea Steppschuhe an und beginnt zu tanzen, das klingt richtig gut, aus dem Dönerladen gibt es Antworten im Takt, Dino bricht Wände ab, um den Umbau zu beschleunigen. Eine Weile lauscht das Auditorium bis das Stakkato aus dem Dönerladen verstummt und Pianolla ihren Gatten sucht, ihn bittet, aufzustehen, an Händen zieht, anfleht, er möge sich erheben. Doch schon erscheinen die Trenchcoats. Mit einer unglaublich dilettantischen Tatortsicherung und Spurensuche. Zum Glück ergibt sich, dass Dr. Oswald Perlenbachers Dauerpatientin Staatsanwältin ist.

Soviel Soap lässt sich kaum steigern. Wer braucht schon Feinwaschmittel, wenn man Dessous auch kochen kann?  Das Autorenteam um Christoph Tiemann hat ganze Arbeit geleistet und das Ensemble ist einfach wunderbar. Man ist ja traurig um die Ausdünnung durch unnatürliche Todesfälle, aber gleichzeitig gespannt darauf, wie es in der Weihnachtsedition weitergeht.

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