Agamemnon mit gelbglitzernden Püscheln

Eine große Videoinstallation im Bühnenhintergrund, Fährschiffe auf dem Mittelmeer, ein Jahrmarkt in Athen, griechische Amphitheater. Nach dem Tanztheater und dem Schauspiel ist es jetzt die Oper, die sich den griechischen Tragödien des Aischylos widmet. Mit der gut 90-jährigen Oper „Das Leben des Orest“ von Ernst Krenek, von den Nazis als entartete Kunst verboten, feierte die neue künstlerische Leitung gestern Abend eine gelungene Premiere in Münsters großem Haus. Regie führte Magdalena Fuchsberger, die musikalische Leitung oblag Golo Berg.

Gesanglich hat mich zwar niemand so richtig gefesselt, sieht man von Gregor Dalals donnernder Stimme als Oberrichter einmal ab, doch dafür hakte und rüttelte es nicht, eine Oper aus einem Guss. Der eigentliche Star war ohnehin der Operchor, verstärkt um den Extrachor, der stimmgewaltig, in tollen Kostümen mit gelbglitzernden Püscheln Choreografien zeigte. Zwischendurch tauchten einige Chormitglieder im ersten Rang auf und sangen, matt beleuchtet, vom Fortgang der Geschichte. Etwas irritiert war ich vom Vorhang, der zwar immer wieder schloss, aber nicht so ganz. So konnte man Umbaumaßnahmen miterleben und Tote auferstehen sehen. Eigentlich will man das im Theater ja nicht. Immer wieder werden griechische Säulen und -fragmente über die Bühne geschoben, und ein kleines Mädchen hält sich am Bühnenrad auf, liest, spielt und malt. Alles läuft ein großes showdown in Griechenland hinaus.

Zum Stück selbst: Ernst Krenek lässt König Agamemnons Tochter Iphigenie durch eine göttliche Fügung entkommen. Eigentlich wird sie – der literarischen Vorlage entsprechend – geopfert, und zwar statt des Sohnes Orest. (Der ist der Instruktion der Mutter folgend mit der königlichen Amme Anastasia geflohen). Da der Wind trotzdem dreht und die Götter sich gnädig zeigen, segelt Agamemnon auch ohne Opfer in den Trojanischen Krieg. In dessen 10-jähriger Abwesenheit wendet sich Königin Klytaemenestra einem Verwandten Agamemnons zu, nämlich Aegisth. Die beiden haben nicht auf Agamemnos Rückkehr gehofft. Mord und Doppelmord wechseln sich ab. Gibt es einen Ausweg oder bleibt Rache das einzige Motiv? Auge um Auge, Zahn um Zahn?

Musikalisch ist die Oper sehr abwechslungsreich. Ernst Krenek ist da ja in seinem Musikerleben stark mäandert, was man auch in der Oper merkt. Das Orchester hat das auch klasse umgesetzt. Zwischendurch kamen zwei Trompeter aus dem Orchestergraben und spielten auf der Bühne, was für zusätzliche Dramatik sorgte.

Wie gesagt – eine gelungene Premiere mit sehr viel Beteiligten, denen man den Spaß an der Sache anmerkte.

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