Da ist Bernhard an einer verlassenen Tankstelle im kanadischen Quebeck gelandet, verlassen, allein, einsam. Immerhin gab es seinerzeit Benzin für 26 Cent den Liter, was den armen Backpacker nur bedingt trösten dürfte. Denn seine Liebe, Nicole, ist allenfalls telefonisch zu erreichen. Im Zentrum der Geschichte steht daher etwas, was die Jüngeren gar nicht mehr kennen: eine Telefonzelle. Damit Bernhard die Zeit nicht lang wird, gibt es aber Unterhaltung der kanadischen Kompanie Machine de Cirque. „Changes“ heißt die neue Show im GOP unter der Regie von Vincent Dubé, ein Plädoyer für Mut zur Veränderung, zum Beginn, zum Sprung.
Von Beginn an ist die Energie auf der Bühne spürbar, alles ist in Bewegung, dynamisch, energetisch aufgeladen, feurig, kraftvoll. Jan Dutler sorgt für das musikalische Begleitprogramm, am rechten Bühnenrand bedient er gekonnt das Schlagzeug, links ist er an den Reglern, zupft die Ukulele oder schlägt das Tamborin. Ich finde Olivier Lépine alias Bernhard in seiner Rolle zwar nicht sonderlich überzeugend, die Versuche der Kontaktaufnahme mit seiner Nicole, der Artistin Constance Danceart sehr gedehnt und ihn überhaupt etwas umständlich und langatmig. Das lässt sich insgesamt jedoch verschmerzen. Denn ansonsten sind erstklassige Artisten am Werk. Natürlich ist Constance Danceart (oder Nicole) als Inbegriff der Sehnsucht mit von der Partie, steht zwischendurch mal auf der Telefonzelle, als Bernhard den Hörer umklammert und stakkatoartig den Namen seiner Liebsten in die Muschel stöhnt. Zu Bernhards Erbauung, aber natürlich auch für das gesamte Auditorium, zeigt die behände Künstlerin, was sie außer dem passiven Entgegennehmen von Liebesschwüren noch so drauf hat: nämlich einen erstklassigen Umgang mit dem Trapez, eine Körperspannung und Bewegungsabläufe, die einfach schön sind, zum emotionalen eintauchen, zum bewundern. Das gilt freilich auch für Sebastian Plester, der, wenn ich mich nicht verzählt habe, zwischenzeitlich mit 4 Diabolos jongliert. Es ist vor allem der lässige Umgang mit den Werkzeugen, wenn etwa ein Diabolo verspringt, der mich vereinnahmt. Ganz ruhig und entspannt nimmt er das Gerät auf, schleudert es in die Höhe und fängt es auf. Immer wird die Musik angepasst. Das ist doch das, was die Show vermitteln will: natürlich kann es schiefgehen, wenn man es versucht, aber es deshalb nicht zu versuchen, ist keine Alternative. Mut zum Sprung – changes. Oder: wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Gewinnend war auch Damien Descloux, der seiner Körper brettsteif auf einem großen Ball balancierte und schließlich ein kleines Tänzchen darauf vollführte. Einrad, Chinese Pole, Schleuderbrett, Jonglage, Partnerakrobatik – die neue Show hat eine Menge zu bieten.