Mafia in Münster

In grün und rot ist die Bühne getaucht, das Fürstbischöfliche Schloss reflektiert das Licht, selbst die Wolken wirken wie gemalt: es ist alles angerichtet für die ersten münsteraner Schlossclassix. Den Anfang machte gestern Abend die Frankfurter Philharmonie mit einem italienischen Abend – Italia mi amore.

Es herrscht eine unglaublich schöne, entspannte Wohlfühl-Atmosphäre. Die Besucher sehen durch eine Art Membranleinwand hinter der Bühne den angestrahlten Schinkelbau. Fast auf die Minute pünktlich betreten die Musiker die Bühne und dann gilt es, über zwei durchaus wesentliche krankheitsbedingte Änderungen aufzuklären. Der etatmäßige Tenor ist ebenso ausgefallen wie der Sprecher nach der Pause. So ist erst am Nachmittag der Münsteraner Sebastiano Lo Medico als sizilianischer Sänger eingesprungen und – man kann das vorausschicken – hat seine Sache hervorragend gemacht, immerhin hat es ja auch italienische Wurzeln. Da hält es auch das Publikum nicht auf den Sitzen. Immer wieder gibt es enthusiastischen Zwischenapplaus, wenn Lo Medico und auch seine Gesangspartnerin Julia Sukmanova singen. Das machen sie aber auch so schön, verliebt, schmachtend, sehnsüchtig, leidend – eben echt italienische Oper: Rossini, Verdi, Vivaldi. Bis zur Pause moderiert Dr. Ralph Philipp Ziegler. Das macht er kurzweilig, erzählt allerlei Anekdoten, etwa über „den Barbier von Sevilla“ – der Friseursalon sei das Facebook des analogen Zeitalters, heute hieße das eher „der Facility Manager von Billerbeck“. Bisweilen übertreibt Ziegler ein wenig. Neben mir sitzen zwei Französinnen, die schon etwas unruhig werden. Schließlich sind sie wegen der Musik gekommen. Aber die gibt es ja auch und zwar so perfekt, dass man schon suchen muss, um ganz kleine Ungenauigkeiten zu registrieren. Das tue ich aber nicht, sondern erfreue mich an der Schönheit von Musik, Architektur und Natur. Kein Tropfen Regen trübt die Stimmung. Wer weiß, vielleicht hätte sich Antonio Vivaldi seinerzeit auch eine E-Gitarre gewünscht. Die „Frankfurter“ mischen elektronische Klänge jedenfalls im besten Crossover-Stil in die Jahreszeiten. „The summer  reloaded“ ist der Hammer. Da bleibt nun wirklich kein Fuß mehr unbewegt. Nach der Pause wird es dann irgendwie ruhiger, sizilianischer. Das liegt natürlich auch am „Paten“ der erzählt, während er am Pizzatisch sitzt und Wein trinkt. Langsam, tief, etwas heiser. von Belcanto, der sich verliebt hat in die schönste Frau, Sängerin an der Oper, der eifersüchtig wird, wenn sich ein Provinz-Sänger der schönen Julia nähert. Schon klingen die schönsten Arien. Derweil werden Probleme sizilianisch gelöst, der eine verbrennt sich die Hand, der nächste verliert viel Blut. „Spiel mir das Lied vom Tod“. Doch dann wird Belcanto verraten und muss Italien verlassen. In New York macht er eine Pizzeria auf. Drama und Sehnsucht auch in der Musik. Ein Sizilianer, der seine Heimat verlassen muss. Schlimm! Es kommt zum großen Showdown – dem Stimmenduell, das keiner überlebt.

Ein sehr schöner Abend mit tollen Musikern und einem glücklichen Publikum.

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