gemalte Musik

Die belgische Künstlerin Sigrid Tanghe steht am linken Bühnenrand und spritzt Wasser auf ein Aquarellblatt, grüne Farbtropfen laufen über das Papier. Die Entstehung des Aquarells wird live auf eine riesige Leinwand übertragen. Gleichzeitig trommelt Peter E. Eisold auf diversen Schlaginstrumenten und Ludger Schmidt beschleunigt den Bogen auf seinem E-Cello, damit der Tropfen noch schneller läuft. Heute Abend präsentierten Anja Kreysing und Helmut Buntjer in der Reihe „schwarz-weiß ist die bessere Farbe“ gemalte Musik im Pumpenhaus.

Tatsächlich scheinen Musik und Entstehung des Aquarells sorgfältig aufeinander abgestimmt, selbst als Tanghe das Blatt in der Mitte zerreißt, imitiert Schmidt das Geräusch extrem verstärkt mit dem E-Cello. Dabei spielen und malen – also quasi „spalen“ – die drei zum ersten mal gemeinsam. Das Auditorium vermutet einen kleinen See unter Tanghes Arbeitsplatz – doch das täuscht: das bisschen Wasser zum aquarellieren fängt die Künstlerin in einer Schale auf. Natürlich hat jeder Musiker auch seine Solopartien. Auf Eisolds Trommel liegen mehrere Tischtennisbälle, die bei jedem Schlag hüpfen bis sie über die Bühne rollen, eine Ratsche, eine Triangel, Bongotrommeln, schließlich sogar ein Parkverbotsschild (wo das wohl her sein mag?): all das dient dem gebürtigen Dortmunder als Instrument. Schmidt erzeugt leidende, herzzerreißende Töne mit seinem Cello, nimmt Sequenzen auf und spielt sie wieder ab, als  dicke, dunkle Flüssigkeit  strahlendes Gelb auf dem Aquarell verdunkelt. Wie versiegende Liebe oder sterben, da kann man auch mal sakral werden.

Nach einer Dreiviertelstunde gesellen sich auch die Veranstalter zu den Künstlern. Helmut Buntjer greift zu seiner Posaune, Anja Kreysing nimmt ihr Akkordeon. Dadurch gewinnt das malende Quintett an Fülle. Natürlich ist es nicht ganz einfach, unter den Voraussetzungen einen harmonischen Klang zu erzielen. Aber das ist auch nicht das oberste Gebot. Vielmehr geht es darum, sich zu ergänzen, gleichsam zu kommunizieren und doch irgendwie ein Basis zu finden, was auch gelingt. Ein schöner Abend mit Anregungen für die Sinne.

 

 

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