la France zum Neujahr

Wenn die Damen des Sinfonieorchesters lange rote Kleider, die erste Geigerin Midori Goto blaumettalic glänzende Garderobe und die Herren an den Instrumenten Fliegen in französischen Landesfarben tragen, kann nur Frankreich das Thema sein. Musiker, Entertainer und Münsteraner Götz Alsmann spitzt es noch etwas zu: es geht um Paris, die Stadt an der Seine mit den bouqinisten, les baguettes und l amour. Die musikalische Leitung des Orchesters unterliegt Generalmusikdirektor Golo Berg gestern auf dem verspäteten Neujahrskonzert im Großen Haus.

Nach Georg Bizet, den das Orchester noch alleine interpretieren darf, betritt das musikalische münsteraner Urgestein die Bühne, launig, kenntnisreich, unterhaltsam – so wie man ihn halt kennt und wie man sich das auch wünscht. Götz Alsmann erzählt von Plattenaufnahmen in der französischen Metropole und braucht natürlich „echte französische Musiker“, um den Abend zu gestalten, die wie auf Knopfdruck erscheinen. Neu ist Dominik Hahn am Schlagzeug, der „eine Mutter aus dem frankophilen Teil der Schweiz hat“. Für ihn sei das ja ein Heimspiel. Die anderen „echten Franzosen“ sind dem Publikum bekannt, spielen sie doch seit Jahren mit Alsmann. Da ist etwa Markus Paßlick an den Percussion, der passend zum Abend neben der Rassel auch ein Baguette schüttelt. Oder Ingo Senst, der für die tiefen Töne zuständig ist, Alfrid M. Sicking am Vibraphon lässt die Klöppel sausen. Im Hintergrund werden immer wieder Fotos an die Wand projiziert vom tour eiffel, vom l` arc de triomphe, von Notre-Dame, und dann erzählt Alsmann von Cole Porter, der das original französische c` est magnifigue in Amerika geschrieben habe, von la mer, das auf einer Eisenbahnfahrt entstanden sei oder von Goethes Zauberlehrling. Da spielt er mit dem Publikum, das er auffordert, das Gedicht zu rezitieren. Kurzerhand fingert er eine „Spickzettel“ aus dem Sakko und liest das so schnell vor, das man gerade eben den Duktus, die Melodie erahnen kann. Denn, auch wenn das Szenenapplaus gibt, das Gedicht ist nur die Startbahn für l Apprenti Sorcier von Paul Dukas, der Soßenlehrling, wie Götz Alsmann scherzt, eine französische Vertonung vom Zauberlehrling, in der gefühlvoll und dramatisch das Sinfonieorchester einsetzt. Und was wäre ein Alsmann Konzert ohne Akkordeon, „Heimwehkompressor“ wie er selber sagt, das schließlich bei Rififi zum Einsatz kommt, Musik von Georges Auric, in der es eigentlich um Randale geht. Die Menschen dürsten nach Kultur und Musik, nach Entertainment und Geselligkeit. So schnell lassen sie die Musiker nicht von der Bühne. Der Wolf tanze Cha Cha Cha, Musik von Serge Gainsbourg, ein Stück, das Alsmann am Abend schon einmal spielt, nachdem er die Geschichte des Sofas erzählt, das seit 1968 im Tonstudio steht. Auf jenem Sofa haben sich Musikgrößen jeglicher Coleur ablichten lassen, um schließlich zu erfahren, dass das Möbelstück Gainsbourg als „Besetzungscouch von weiblichen Nachwuchstalenten“ diente. Jedenfalls ist der „Wolf tanzt Cha Cha Cha“ die allerletzte in einer Reihe von Zugaben. Ein schönes Konzert, das die Pandemie ein kleines Stück zur Seite schiebt.

Schreibe eine Antwort

Navigiere